Spontanenergie

Die Zeit und den Freiraum zu haben, komplett in die „Zone“ zu kommen, etwas in einem Stück durch zu ziehen – das ist extrem wichtig. Ich habe oft morgens richtig Lust Sachen anzugehen und muss die dann stringent und sofort machen. Ausgefeilt und auf lange Sicht kann die Idee verwässern. Diese Spontanenergie, das nicht-die-Zeit-gehabt-haben alles im Vorfeld auszuarbeiten, ist viel befriedigender, weil man von der Entwicklung überrascht wird. Schon KLF haben in ihrem Manual gesagt, dass man arbeitslos sein muss, oder nichts Anderes nebenbei machen sollte, um das mit der Musik machen zu können. Würde fast sagen, das ist bei der Kunst genauso. Die, die damit mehr unterwegs sind, haben irgendwann einen Entschluss gefasst: der Weg ist risikoreich, aber ich mache das jetzt einfach. Ich vertraue auf den Prozess, aus dem ein Resultat entsteht, dass Andere vielleicht auch gut finden. Und wenn nicht, hat man es trotzdem durchgezogen- auch ok. Ich habe aber kein Projekt, dass ich jahrelang unter Verschluss halten und mit 70 präsentieren werde. Wenn ich alles verbinde -verschiedene Musikprojekte für Soundtracks, Games, Theater- würde ich es als aufeinander aufbauenden, eigenen Kosmos betrachten. Das Schöne bei story-orientiertem Arbeiten, ist, dass man Nichts komplett aus sich raus saugen muss, sondern einen Ansatz verfolgen und audio-mäßig visualisieren kann.

Ich gehe nicht den klassischen Musikerweg von jedes Jahr ein neues Album, dann Promo, dann ein bis zwei Monate Tour. Ich mache Alben und ausgewählte Konzerte auf diversen Festivals und daneben Soundtracks. Das ist befreiend, denn so muss ich nicht ein Jahr an dem Pop-Release arbeiten, der Labelmanager und der und der und der müssen nicht auch alle zufrieden sein und die zwei Hits erkennen, mit denen nach vorne gegangen wird. Die Konsequenz ist wichtig, dass es nicht durch zu viele Hände und Meinungen geht. In Film, Fernsehen, Theater steht manchmal etwas mit guter Energie. Aber sobald Dramaturgie, Berater, Produktionsfirma damit fertig sind, ist es eine total durchgekaute Angelegenheit. Da ist Vorsicht geboten. Meine Arbeiten werden vielleicht von diversen Kontroll- oder Meinungsorganen nicht als sicher eingestuft, haben aber meiner Meinung nach dadurch mehr Power.

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Written by Nele Herzog

Nele Herzog arbeitet seit April bei anschlaege und hat ständig das Bedürfnis Alltagsgeschichten festzuhalten. Sie führt die Interviews.