Den Hass weniger machen

Ich bin bekannt für soziale Designprojekte, mit Crowdfunding, Zufällen und Bürgerbeteiligung in 2.0 arbeiten. Das interessiert Leute, die in post-industrialisierten Gesellschaften groß werden und Kollateralschäden wie das Burn-Out oder die Sinnkrise abbekommen. Viele Themen, mit denen wir uns in  Europa auseinandersetzen, sind in Ländern wie Pakistan, Bangladesh, Indien so was von egal. Da geht es um ganz einfache Dinge wie Frieden, keine Angst davor haben müssen von seinem Nachbarn ermordet zu werden. Ich sollte meine Kreativität, Zeit und Netzwerke nicht nur einsetzen sollte, um uns post-industrialisierten, verwöhnten Hipstern einen Sinn zu geben, damit wir dann nach Nepal auswandern oder eine Weltreise machen können, sondern auch um ein bisschen mehr Frieden zu schaffen. Krieg ist eigentlich überall, auch in Deutschland: Demonstrationen gegen Geflüchtete in Freital, Sarrazins Buch- für mich sind das Kriegserklärungen. Was kann ich tun um den Hass weniger zu machen?

Als ich mir die Islamophobie vorknöpfte, merkte ich, dass viele Leute, die nicht mit Moslems aufgewachsen sind, diese pauschal in einen Topf werfen. Diese Angst Moslems gegenüber gefällt mir nicht. Da dachte ich mir, hey cool, ich lese mir mal den Koran durch. Viele denken, das ist die Bibel der Muselmänner, aber es ist eine unübersetzbare Überlieferung; ein chiffriertes Wunderwerk, welches keiner auf der Erde versteht- trotzdem hängen ihm ¼ aller Menschen nach. Ein Phänomen, dass ich in einem Filmprojekt namens „3 Minuten die dein Leben verändern“ zusammengetragen habe. Dieses Mal wollte ich keinen Vortrag halten, keine Möbel entwickeln, kein Buch gestalten, sondern eine Komödie mit Youtube-Stars, sowie meinen jüdischen und muslimischen Freunden drehen, um die Schönheit des Korans zu zeigen.

In unserer Geschichte geht es um den jungen Musiker Ali Habib. Er will unbedingt in Berlin ein großes Konzert geben, um zu beweisen, dass er jemand ist, denn das gelingt ihm nicht. Er ist total erfolglos. Auf dem Weg dahin wird er krank und sein sehr religiöser Vater opfert das eigene Leben für ihn. Erst dann fängt er an über seinen Vater, seine Herkunft und Religion nachzudenken. Das mündet in dem vielleicht wichtigsten Konzert seines Lebens: Er ruft selbst in der Moschee den Asan, welcher genau 3 Minuten geht. Das besondere an dem Projekt ist: Die Hauptrolle, dieser Ali Habib, der Moslem ist, wird von Shai Hoffmann gespielt und der ist Jude.

Außer der Familiengründung ist dies das wichtigste Projekt meines Lebens bis jetzt. Ich denke jede Sekunde daran. Inspiriert sind viele dieser Gedanken auch von meinem Sohn, der vor 2 Jahren auf die Welt kam. Habe mir überlegt, was ich tun kann, dass es bei ihm und seinen Kindern wiederum etwas bewirkt. Wir müssen jetzt die Situation, das Klima verändern, damit die Generationen nach uns in einer friedlicheren Umgebung aufwachsen können.

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Written by Nele Herzog

Nele Herzog arbeitet seit April bei anschlaege und hat ständig das Bedürfnis Alltagsgeschichten festzuhalten. Sie führt die Interviews.