Einen im Leben halten

Es gibt gute Ideen und es gibt schlechte. Ideen haben ist etwas Natürliches für Menschen. Oft wissen wir nicht, ob es unsere eigene Idee ist, oder ob wir sie nur irgendwo gehört, abgespeichert und uns zu eigen gemacht haben. Diese Vorstellung einer Idee, wie sie Edison mit der Glühlampe verkörpert, das geniale Moment des Erfinders, daran glaube ich nicht. Eine gute Idee, die auch als solche wahrgenommen wird, ist das Resultat fleißiger und konzentrierter Arbeit.

Ideen sind dem Überlebenswillen geschuldet, sie bieten die Möglichkeit, sich anzupassen. Die besten Ideen sind die, die einen im Leben halten. Das man mit einer Situation umgehen kann, eine Idee hat, da raus zu kommen. Liebeskummer zum Beispiel: Irgendwann hat man die Idee, vielleicht treffe ich doch noch jemanden, oder vielleicht brauche ich Liebe zum Leben gar nicht. Wenn der Kopf in der Lage ist, etwas Schwerwiegendes in etwas Positives umzuwandeln – das ist dann eine gute Idee.

Eine Idee in die Realität zu übersetzen verlangt nach gewissen Charaktereigenschaften. Nicht jeder hat die Muße, die Energie, den Wunsch sich selbst zu verwirklichen. Manche Köpfe sind vielleicht besser in der Lage, aus Zusammenhängen Erkenntnisse zu extrahieren oder Schlüsse zu ziehen. Wobei ich den Gedanken mag, dass man das lernen kann.

Einmal hat mich beim Trampen einer mitgenommen der von sich sagte, dass er Erfinder ist. Er fragte mich: Wieso stehst du mit einem Schild am Straßenrand? Wieso nicht mit einem Luftballon oder einer Blume? Ich würde der Anhalter-Situation etwas Neues abgewinnen, mehr auffallen und dadurch die Wahrscheinlichkeit erhöhen, schneller mitgenommen zu werden. Das war seine Perspektive, er war jemand der an Situationen heranging und fragte, wie er sie verändern, verbessern, ihnen eine neue Perspektive abgewinnen konnte. Das war ein Schlüsselerlebnis für mich. Um Erfinder zu werden muss man die Alltagsrealität stetig neu hinterfragen. Ein aufregender Gedanke.

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Written by Nele Herzog

Nele Herzog arbeitet seit April bei anschlaege und hat ständig das Bedürfnis Alltagsgeschichten festzuhalten. Sie führt die Interviews.