Mut zu Lieben

Nach dem Ende meines Schauspielstudiums an der New Yorker New School of Drama sah ich die Serie „I Love Dick“ von Jill Soloway. Es hat sich für mich wie ein Problem angefühlt, dass ich nicht wie meine Studienkolleg_innen die Inspiration hatte, selbst Texte zu schreiben. Als ich dann aber sah, wie Jill Soloway aus dem Buch ihre eigene Geschichte gemacht hat, ohne es komplett verändert zu haben, war ich inspiriert.

Die fünfte Folge der Serie zeigt verschiedene Frauen im Mini-Portrait – ihre persönlichen Leidenschaftsgeschichten, Liebe, Sex, wie sie sich selber sehen, wie sie gesehen werden. Ich habe mit meiner Mitbewohnerin darüber gesprochen, wie gerne ich in dieser Serie mitspielen würde. Die meinte: Mach doch was, schick ihr doch einfach was. Im Sommer habe ich mir ein Notizbuch gekauft und mir vorgenommen, einfach mal aufzuschreiben, was mich mein Leben lang bis jetzt beschäftigt hat, wenn es um Leidenschaft ging. Dabei habe ich gemerkt, wie viel ich von den Frauen in meinem Leben geformt und beeindruckt wurde. Ganz speziell von meiner Mutter, Oma und den Freundinnen um mich herum, die mir zeigen, was es bedeutet geliebt zu werden, oder zu lieben. Ich habe das leider von Männern noch nicht so erlebt bisher, diesen Mut zu lieben. Ich habe also einen Brief geschrieben und mir überlegt, daraus einen Film zu machen und ihn an Jill Soloway zu schicken.

Ich habe eine Freundin, die eigentlich Fotografin ist, gefragt ob sie ihren ersten Film mit mir machen will. Ich wollte die verschiedenen Frauen in meinem Leben portraitieren und rot tragen, wir wollten den Film an die Serie anlehnen, aber trotzdem unseren eigenen machen. Das einzige, was etwas gekostet hat, war eine geliehene Kamera. Bei mir auf dem Dach und in der Nachbarschaft haben wir von morgens bis abends an einem Tag im Oktober gedreht, dann monatelang mit Schneiden verbracht, noch eine Szene mit meinem Tanzlehrer Omri nachgedreht, die Farbe nach-chloriert, ein buddhistisches Kriegsgöttinnen-Mantra, ein Mahavidya, von einer Freundin singen lassen und unseren Atem als Soundtrack benutzt. Dann schrieb ich einen Brief an Jill Soloway und ihre Produktionsfirma Topple und tagte sie bei Instagram – aber bisher habe ich noch keine Reaktion bekommen. Wenn sie es gesehen hat, weiß ich nicht ob es ihr gefällt, oder überhaupt etwas in ihr auslöst. Aber ich habe während ich das alles gemacht habe gemerkt, dass es mir garnicht mehr darum ging, sondern viel mehr darum, dass ich etwas gefunden habe, was mich dazu bewegt hat, etwas zu kreieren. Es war so toll für mich und alle die involviert waren, dass wir ein Projekt hatten, was uns das ganze letzte Jahr über begleitet hat. Es ist unheimlich schön, wenn man eine Sache anfängt und das kreative Gedächtnis auch anfängt sich zu bewegen, man neue Ideen hat, neue Sachen um sich herum sieht. Ich habe unglaublich viele Freiheiten, das zu tun, was ich gerne möchte und es ist garnicht so wichtig, wie es ankommt.

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Written by Nele Herzog

Nele Herzog arbeitet seit April bei anschlaege und hat ständig das Bedürfnis Alltagsgeschichten festzuhalten. Sie führt die Interviews.