Konstant fluide

Ich verfolgte die Flüchtlingskrise und wollte etwas tun, also reiste ich für 10 Tage ins Refugee-Camp in Calais. Dort fühlte ich mich eigentlich ziemlich nutzlos, konnte meine Fähigkeiten nicht nutzen. Als ich nach England zurückkehrte, musste ich mir darüber Gedanken machen, was meine Fähigkeiten überhaupt sind. Was mache ich gerne, was kann ich gut? Ich mag Abenteuer, ich mag Fahrrad fahren, ich arbeite gerne mit Menschen. Ich dachte, wenn wir genug Leute zusammentrommeln, um eine Fahrradtour zu organisieren und jeder einzeln Geld sammelt, könnten wir etwas Großes entstehen lassen. Aber das Problem erkennen, involviert werden und dann einen Schritt zurück treten und verstehen, dass ich Abenteuer und Fahrrad fahren mag, hat so erst mal nicht viel mit der Flüchtlingskrise zu tun. Ich dachte nur, ich könnte es auf meine kleine Art miteinander verbinden. Thighs of Steel ist eine Spenden-Fahrradtour von London nach Athen, die Geld sammelt um Mahlzeiten und sicheren Raum für Geflüchtete in Athen zur Verfügung stellen zu können. Jeder Teilnehmende ist für eine oder zwei der insgesamt sechs Wochen dabei und testet seine Schenkel, indem er bis zu 160 Kilometer am Tag fährt. Indem alle Teilnehmenden an ihren Bekanntenkreis appellierten und denen von dem Zweck und der körperlichen Herausforderung, der sie sich aussetzen wollten, erzählten, konnten sie jeder 500 Pfund sammeln. Das Spendenziel waren 20.000, insgesamt erhielten wir sogar 45.000 Pfund.

Es schien mir, als ob Geld für die großen Wohltätigkeitsorganisationen sammeln, keine gute Wahl für uns war. Sie können nicht schnell genug auf die ständig wechselnden Bedürfnisse und neuen Desaster dieser Krise reagieren. Die kleinen Organisationen spielen in der Flüchtlingskrise eine wichtigere Rolle. Die Bristol Skipchen, ein Kochkollektiv aus Bristol, kannte ich und konnte deshalb sicher sein, dass wir die gleichen Werte vertreten. Sie sind vertrauenswürdig, weil pro-aktiv, machen alles transparent und offen, so dass ich guten Gewissens Andere darum bitten konnte, für sie Geld zu sammeln. Sie planen nun, nach einer Serie von Treffen mit einem Mix aus Geflüchteten, Freiwilligen und Anwohnern, ein 7-stöckiges Community-Center in Athen. Es gibt in der Stadt viele kleine Projekte, aber kaum welche haben Wurzeln, oder Räume aus denen sie arbeiten können, ohne befürchten zu müssen, heraus geschmissen zu werden. Also wird die Skipchen in Zukunft eine zentrale Anlaufstelle bieten, die konstant fluide bleiben und sich an Bedürfnisse anpassen kann.

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Written by Nele Herzog

Nele Herzog arbeitet seit April bei anschlaege und hat ständig das Bedürfnis Alltagsgeschichten festzuhalten. Sie führt die Interviews.