Lass mal groß denken

Ich habe Ideen aus einer totalen Notwendigkeit heraus. Du lebst irgendwo in einem Umfeld und spürst ein Problem, versuchst zu analysieren was gebraucht wird und was aber auch einigermaßen realistisch ist. Ideen klappen, wenn es genügend Menschen gibt, die sie brauchen.

Bei den Ufer-Studios gab es diese Notwendigkeit: Ich habe gesehen, wie Künstler darunter litten, dass sie unter schrecklichen Bedingungen Produktionen machen mussten. Es stellt Beschränkungen für Ergebnisse und Leben dar, wenn man eine künstlerische Idee verfolgt, die andauernd klein gemacht wird, weil der Raum klein ist oder es in kaputte Dächer regnet. Wir haben uns gesagt, lass mal groß denken und lass uns bedenken, dass nicht nur die Räume gut sein, sondern auch Menschen voller guter Ideen sich an einem Ort begegnen und kommunizieren sollen.

Wir mussten ein Gebäude finden und wir wussten, wenn wir eines finden, müssen wir es wahrscheinlich erst transformieren und dazu brauchen wir eine Bauinvestition, Unterstützung von irgendwoher. Ich habe relativ schnell bemerkt, dass bei der Politik nur Institutionen und größere Namen zählen. Es gab gleichzeitig auch große Bestrebungen eine zeitgenössische Ausbildung anzubieten, weil es in Berlin bei Ballett und deutschem Tanztheater steckengeblieben war. Der nächste Schritt, die kreative Idee, war, es stärker konzeptionell zu machen und die Wünsche nach besseren Räumen und besserer Ausbildung, zu verbinden. So haben die Studenten sofort einen Kontakt zur Berufswelt und umgekehrt gibt es auch andere Kommunikationseffekte und Synergien für die freiberuflichen Choreografen. Es hat schon mal geholfen aus dieser Forderung ein Konzept zu machen, was sich besser vertreten und argumentieren lässt und dann auch die ersten Sympathien bei der Kulturverwaltung gewonnen hat.

Es kommt so ein Moment, wo du so viel Kraft investiert hast und dich fragst, musst du jetzt aufgeben, weil es die falsche Sache war, oder braucht es noch mehr Bündnisse? Im Grunde genommen hat uns Glück gerettet. Ich bin ein ganz, ganz, ganz großer Fan von Zufall. Es ist gut, wenn du Dinge, die plötzlich passieren, obwohl sie gar nicht geplant sind, ernsthaft aufnimmst. Dadurch lässt es sich entspannter leben. Die wirklich wichtigen Wendungen in meinem Leben wurden durch zufällige Begegnungen mit Menschen oder Dingen ausgelöst, die mich begeistert und nicht mehr losgelassen haben.

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Written by Nele Herzog

Nele Herzog arbeitet seit April bei anschlaege und hat ständig das Bedürfnis Alltagsgeschichten festzuhalten. Sie führt die Interviews.